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OGV Obst- und Gartenkultur Vorarlberg

1. Internationale Streuobsttagung in Bregenz

OGV Landesverband am 15.05.2025

Nachlese der sehr erfolgreichen Veranstaltung

Das Drei-(oder Vier-)Ländereck am Bodensee ist wegen der langen Obstbautradition aber auch der gemeinsamen Sprache prädestiniert für eine gemeinsame Veranstaltung. Der Versuch von Landwirtschaftskammer Vorarlberg und Landw. Zentrum St. Gallen, eine gemeinsame Tagung zum Thema Obstanbau auf Hochstämmen zu iniziieren, wurde mit über 100 Anmeldungen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum honoriert. Die Tagung war somit komplett ausgebucht.

Tag Eins war gefüllt mit einem reichhaltigen Vortragsprogramm. Zunächst gaben die Iniziatoren der Tagung, Richard Hollenstein und Ulrich Höfert einen Einblick über die Situation des Streuobstanbaus auf der jeweiligen Seite des Rheins. Es zeigte sich bereits hier, dass, trotz aller Ähnlichkeiten, im Bereich der Most- und Saftherstellung die Schweiz mit einer beeindruckenden Wertschöpfungskette aufwarten kann. Dies ist maßgeblich der staatlichen Förderung von Hochstammobst mit bis zu 50 SFR pro Baum und Jahr, zzgl. allfälliger Kantonszuschüsse, zuzurechnen. Vorarlberg hat Stärken in Bereich der Destillate und der Fachverbände.

Anna Dalbosco (Fructus) und Richard Dietrich (Dietrich Kostbarkeiten) berichteten über die Bemühungen der letzten Jahre, regionale Apfelsorten zu bestimmen, vor allem mittels DNA-Analysen. Es zeigte sich, dass viele Sorten mit unterschiedlichem Namen dieselben sind, umgekehrt waren aber auch manche Sorten mit gleichen Namen genetisch verschieden.

Neue Mostapfelsorten für die nächste Generation stellte Perrine Gravalon vom Agroscope vor. Besonders wies sie auf die drei Neuzüchtungen Wally, Wisper und Witta hin, die in der Schweiz ab nächstem Jahr in den Anbau gehen sollen. Agroscope bietet auch demnächst eine neue Sortenbroschüre über wertvolle Mostapfelsorten an. Die alte Broschüre von 2018 ist im Internet erhältlich (www.agroscope.admin.ch).

Den Themenbereich der Birnen deckten Thomas Hepperle vom KOB Bavendorf und der bekannte Brenner August Kottmann ab. Im Birnensortengarten bei Überlingen beobachtet Thomas Hepperle über 300 Birnensorten und konnte feststellen, dass bereits jetzt einige bekannte Sorten wegen Wassermangels kränkeln und absterben. Andererseits gibt er robusten Sorten wie Bayr. Weinbirne, Metzer Bratbirne, Karcherbirne, Palmischbirne, Nägelesbirne, Wilde Eierbirne, Welscher Bratbirne und Kirchensaller Mostbirne gute Chancen, auch in Zukunft mit Klimawandel und neuen Krankheiten gut zurecht zu kommen. Dass diese Sorten wertvoll in der Veredelung sind, betonte August Kottmann mit großem Detailwissen in seinem lebhaften Vortrag.

Als Beispiele einer funktionierenden Wertschöpfungskette (Vom Baum bis ins Glas) stellten Kirschan Cords (Main Streuobst Bienen eG), Günter Bösch (Lustenauer Saft) und Ernst Möhl (Mosterei Möhl) ihre Projekte vor.

Richard Hollenstein betonte in seinen Ausführungen zur richtigen Neupflanzung neben dem richtigen Standort und einer passenden Sorte die unbedingte Notwendigkeit einer guten Nährstoffversorgung. Magerwiese und Hochstämme passten nicht zusammen, wie er deutlich betonte. Neben einer regelmäßigen Düngung über den Boden empfahl er auch Blattdüngungen bei Pflanzenschutzmaßnahmen sowie Nährstoffinjektionen direkt in den Wurzelraum.

Warum dies so wichtig ist, erklärte Marlis Nölly vom Beratungszentrum Arenenberg. Sie stellte Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit vor. Neben dem Preis, der Arbeitswirtschaft und öffentlichen Zuschüssen ist vor allem der Ertrag ein wichtiger Faktor. Er sollte mind. bei 35 Tonnen/ha liegen. Das geht nur mit guter Nährstoffversorgung. Aber selbst dann ist die Wirtschaftlichkeit noch knapp. In der EU, mit nur sehr kleiner öffentlicher Förderung sieht es nochmals trauriger aus. Jedenfalls ist beim Hochstammobstbau Idealismus gefragt.

Tag Zwei war Betriebsbesichtigungen gewidmet. Die Mosterei Krammel in Lustenau stellte die neuen Mostobstanlagen vor, wo Hochstämme mit langer Entwicklungsphase neben kleineren Baumformen mit raschen Ertragseintritt stehen. Eindrücklich schilderte er die Wühlmausplage der ersten Jahre. Wie überhaupt bei allen Betrieben die Wühlmausproblematik ein herausragendes Thema ist.

Ernst Möhl präsentierte das Produkt- und Vermarktungskonzept seiner großen Mosterei, die ausschließlich auf Schweizer Obst setzt. Interessant ist der Trend, auch Moste und Cider alkoholfrei zu vermarkten.

Bei den Betrieben Müller und Hafner in der Nähe vom Schweizerischen Muolen konnten dann die modernen Hochstammanlagen samt entsprechender Technik (Schüttler, Auflesemaschine, Hochstammspritze etc.) in Augenschein genommen werden. Die dafür notwendige Erziehungsform mit sehr steil aufragenden Leitästen erstaunte manche der Zuhörer. Auch die reichliche Nährstoffversorgung mit ca. 5 Güllegaben, zusätzlich Blattdüngung und evtl. Lanzendüngung ist in anderen Ländern nicht üblich. Aber die Stimmung ist, zumindest auf Schweizer Seite, sehr gut.

Die Tagung diente neben der Informationsvermittlung auch der Vernetzung der vielen unterschiedlichen „Player“ im großen „Streuobstspiel“. Diese scheint gut gelungen zu sein.

Die Tagungsbeiträge werden demnächst auf der LK-Homepage veröffentlicht.

DI (FH) Ulrich Höfert
Obst/Garten & Direktvermarktung

Bilder ©: LKV, 7Pro, Andreas Kröss 

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